Altersvorsorge

Riester-Rente: Definition, Zielgruppe, Kosten und kritische Betrachtung

Die Riester-Rente befindet sich in einer Krise. Mehr als ein Viertel der seit 2002 abgeschlossenen Verträge wurden gekündigt. Die durchschnittliche Auszahlung ist mit 136 Euro pro Monat gering, und 77 Prozent der Bezieher erhalten weniger als 2000 Euro im Jahr. Verbraucherverbände fordern ein Ende der Riester-Rente und einen Neuanfang für die private Altersvorsorge, während politische Reformversuche auf strukturelle Herausforderungen treffen.

 

Definition und historischer Kontext der Riester-Rente

Die Riester-Rente ist eine staatlich geförderte private Rentenversicherung, die 2002 eingeführt wurde und nach Walter Riester benannt ist. Sie soll das sinkende gesetzliche Rentenniveau ausgleichen und besteht aus kapitalgedeckten privaten Vorsorgekomponenten. Die Förderung erfolgt durch Zulagen und Steuervorteile, setzt aber einen zertifizierten Riester-Vertrag voraus. Es gibt zwei Varianten: Geld-Riester für lebenslange Rentenzahlungen und Wohn-Riester zur Finanzierung von Wohneigentum. Riester-Rentenversicherungen sind dabei am beliebtesten.

 

Aktueller Marktstatus und statistische Entwicklung

Der Riester-Markt erlebt einen starken Rückgang, mit einem Bestandsabfall auf unter 15 Millionen Verträge, den größten seit Einführung der Riester-Rente. Vor allem Versicherungsverträge sind betroffen, gefolgt von Investmentfonds und Wohn-Riester. Auch Banksparverträge nehmen ab. Das Neugeschäft kommt nahezu zum Stillstand, was durch die stark gesunkenen Abschlusszahlen neuer Verträge im Versicherungsbereich deutlich wird. Viele Versicherer haben das Riester-Neugeschäft komplett eingestellt.

 

Zielgruppen und Förderberechtigung

Grundsätzlich gibt es drei Hauptzielgruppen, die besonders von der Riester-Rente profitieren können: Familien mit Kindern, Geringverdiener und Gutverdiener. Die Unterscheidung zwischen unmittelbar und mittelbar förderberechtigten Personen bestimmt dabei den Umfang der möglichen Vorteile.

  1. Familien mit Kindern sind eine wichtige Zielgruppe für Riester-Rente. Eltern erhalten für Kinder, die vor 2008 geboren sind, 185 Euro pro Jahr, und für nach 2008 geborene Kinder 300 Euro pro Jahr. Die Zulagen sind unabhängig vom Einkommen und werden auf den Mindesteigenbeitrag angerechnet, wodurch Familien mit mehreren Kindern weniger sparen müssen, um die volle Förderung zu bekommen.
  2. Geringverdiener sind eine weitere Zielgruppe für staatliche Zulagen, weil diese Zulagen bei ihnen einen hohen Anteil der Einzahlungen darstellen. Die Grundzulage von 175 Euro im Jahr ist für Geringverdiener besonders rentabel, da sie relativ mehr davon profitieren, je geringer ihr Einkommen ist. Zusätzlich bleibt ein Betrag von bis zu 100 Euro monatlich aus der Riester-Rente anrechnungsfrei und wird nicht auf die staatliche Grundsicherung im Alter angerechnet.

 

Kostenstrukturen und finanzielle Rahmenbedingungen

Die Kostenstrukturen der Riester-Rente sind komplex und ein Hauptkritikpunkt des Systems. Abschluss- und Bearbeitungskosten reduzieren das für die Rente verfügbare Kapital, und die Höhe der Kosten variiert stark zwischen den Anbietern. Dies beeinflusst die Rentenleistungen negativ und macht eine unabhängige Beratung sowie einen Vergleich der Anbieter notwendig. Seit 2014 müssen Produktinformationsblätter helfen, die Transparenz zu erhöhen. Intransparente Kostenklauseln wurden bereits gerichtlich als rechtswidrig eingestuft, da sie die Verbraucher nicht ausreichend über die entstehenden Kosten informieren.

 

Kritische Bewertung durch Verbraucherschutzorganisationen

Verbraucherschützer kritisieren die Riester-Rente wegen hoher Kosten und niedriger Renditen und fordern deren Abschaffung. 

  1. Eine Verbraucherallianz, bestehend aus dem Bund der Versicherten, der Bürgerbewegung Finanzwende und dem Verbraucherzentrale Bundesverband, hat 2021 eine Kampagne unter dem Titel "Stoppt die Riester-Rente - sonst sehen wir alt aus" gestartet. Der Hauptkritikpunkt, wie von Klaus Müller vom Verbraucherzentrale Bundesverband formuliert, ist, dass die Riester-Rente trotz zwanzig Jahren Reformen als nicht reformierbar gilt.
  2. Verbraucherschützer kritisieren hohe Abschluss- und Verwaltungskosten bei Sparmodellen als systembedingten Fehler. Diese Kosten führen zu einer reduzierten Auszahlungssumme und machen die Modelle zu einem ineffizienten Mittel für die Altersvorsorge.
  3. Die niedrige Rendite wird als strukturelles Problem der obligatorischen Beitragsgarantie gesehen. Anbieter müssen viele Beiträge in sichere Wertpapiere investieren, um die Kapitalgarantie zu sichern, was die Optionen für höhere Renditen stark begrenzt.
  4. Verbraucherschützer kritisieren die Reformpläne der Bundesregierung für die Riester-Rentenversicherungen. Dorothea Mohn vom Verbraucherzentrale Bundesverband warnt, dass eine Absenkung der Garantien auf 80 Prozent dazu führen könnte, dass Versicherer die Situation ausnutzen. Sie befürchtet, dass Verbraucher dadurch zu teureren und weniger profitablen Verträgen gedrängt werden könnten.

 

Vorteile und staatliche Förderinstrumente

Trotz der umfangreichen Kritik bietet die Riester-Rente durchaus Vorteile für bestimmte Personengruppen, die primär aus der staatlichen Förderung resultieren. Das Fördersystem umfasst

  1. eine Grundzulage von 175 Euro pro Jahr und Person,
  2. eine Kinderzulage von 185 Euro jährlich für vor 2008 geborene Kinder und 300 Euro für danach geborene Kinder, sowie
  3. steuerliche Vorteile, die vor allem Gutverdienern nutzen, indem sie Beiträge bis zu 2.100 Euro jährlich absetzen können.

 

Nachteile und systemische Probleme

Die Riester-Rente weist mehrere Nachteile auf, die ihre Effektivität einschränken. Dazu zählen

  1. eine oft negative Realrendite durch niedrige Garantiezinsen und hohe Kosten,
  2. eine hohe angenommene Lebenserwartung, die zu geringeren monatlichen Auszahlungen führt, und
  3. eine komplexe und intransparente Produktlandschaft.
  4. Zudem müssen Sparer in der Rentenphase Steuern auf ihre Riester-Rente zahlen, obwohl sie während der Ansparphase von Steuervorteilen profitieren.

 

Reforminitiativen und zukünftige Entwicklungen

Die Bundesregierung (Ampel-Koalition)  plante die Riester-Rente zu reformieren. Ziel war es, ein neues privates Altersvorsorge-Modell einzuführen, welches weniger bürokratisch ist und geringere Garantien sowie Kosten aufweist. Ein staatlich gefördertes Altersvorsorgedepot, das auch in Fonds oder ETFs investieren kann, sollte die Renditechancen erhöhen, indem die Beitragsgarantie auf 80 Prozent gesenkt wird. Es waren höhere staatliche Zulagen vorgesehen, jedoch wurden die Reformpläne durch das Scheitern der Ampel-Koalition nicht umgesetzt. Die jetzige Regierung aus CDU/CSU und SPD verfolgt ebenfalls eine Reform, will aber die Riester-Rente in ein neues Produkt überführen.

 

Alternative Anlageoptionen zur Riester-Rente

Angesichts der strukturellen Probleme der Riester-Rente gewinnen alternative Anlageoptionen für die private Altersvorsorge zunehmend an Bedeutung. Dazu gehört

  1. die betriebliche Altersvorsorge, die durch den Arbeitgeber mit Steuervorteilen angeboten wird.
  2. Private Rentenversicherungen sind flexibel und können als lebenslange Rente oder Kapitalauszahlung dienen, haben jedoch oft höhere Kosten.
  3. Aktienfonds bieten langfristiges Vermögenswachstum mit höherem Risiko.
  4. Immobilien gelten als stabile Wertanlage, bringen aber Kosten und Risiken wie Mietausfälle mit sich.
  5. Edelmetalle sind eine sichere Anlage, deren Wert allerdings schwanken kann.

 

Empfehlungen und Schlussfolgerungen

Die Analyse der Riester-Rente zeigt, dass das Produkt nicht für jeden geeignet ist. Personen mit bestehenden Verträgen sollten diese eher stilllegen statt kündigen, um Förderungen zu behalten. Für Familien mit mehreren Kindern kann die Riester-Rente durch hohe Kinderzulagen attraktiv sein, besonders bei geringem Einkommen. Neue Interessenten sollten alternative Anlagen prüfen, da diese oft vorteilhafter sind. Unabhängige Beratung ist bei der Entscheidung wichtig. Insgesamt benötigt das System der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge eine grundlegende Reform.
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