Der PKV-Notlagentarif ist ein spezifisches Versicherungsmodell, das seit 2013 in Deutschland für Personen mit privater Krankenversicherung verfügbar ist, die aufgrund wirtschaftlicher Probleme ihre Beiträge nicht begleichen können. Im Gegensatz zu den regulären Tarifen der PKV, bei denen Versicherte die freie Wahl zwischen verschiedenen Leistungen haben, steht der Notlagentarif nicht zur freiwilligen Auswahl. Er deckt lediglich die unbedingt notwendigen Behandlungen für akute Erkrankungen, Schmerzen, Schwangerschaft und Mutterschaft ab. Bei Kindern und Jugendlichen sind darüber hinaus medizinisch erforderliche Heilbehandlungen, Vorsorgeuntersuchungen und Schutzimpfungen eingeschlossen.
Zweck und Hintergrund
Der Notlagentarif wurde ins Leben gerufen, um sicherzustellen, dass privat Versicherte auch bei finanziellen Engpässen ihrer gesetzlichen Versicherungspflicht nachkommen können. Der Tarif soll verhindern, dass die Versicherten bei finanziellen Schwierigkeiten ohne Schutz dastehen.
Wer kann den Notlagentarif in Anspruch nehmen?
Der Notlagentarif steht bestimmten PKV-Versichertengruppen offen, die ihre Beiträge nicht mehr begleichen können und keine anderen Mittel zur Beitragsminderung haben. Die Anspruchsberechtigten sind:
- Versicherte, die nicht in der GKV sind und daher eine PKV abschließen müssen.
- Personen, die seit mehreren Monaten ihre PKV-Beiträge nicht zahlen können.
- Versicherte ohne Anspruch auf Heilfürsorge oder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).
- Der Versicherte muss seine Hauptwohnung in Deutschland haben.
- Der Versicherte muss aufgrund der Wahlpflicht eine PKV abschließen.
- Mindestens zwei monatliche Beitragsrückstände, die vom Versicherer gemeldet wurden.
Beitragsanpassung und Übergang in den Notlagetarif
- Gründe für Beitragsrückstände
Versicherte können ihre Beiträge aus verschiedenen Gründen nicht zahlen, etwa:- Einkommensverlust durch Verlust des Arbeitsplatzes.
- Zusätzliche finanzielle Belastungen durch Krankheiten.
- Scheidung oder andere familiäre Umstände, die das Einkommen beeinflussen.
- Prozess der Umstellung
- Der Versicherer mahnt den Versicherten bei mindestens zwei fehlenden Monatsbeiträgen und erhebt einen Säumniszuschlag von 1% des Rückstandes.
- Wenn der Versicherte nach der ersten Mahnung einen Monat im Rückstand bleibt, erfolgt eine zweite Mahnung mit der Ankündigung, den Vertrag ruhend zu stellen.
- Nach Fristablauf wird der Vertrag automatisch in den Notlagentarif überführt.
- Wichtige Fristen
- Mahnung nach zwei monatlichen Rückständen.
- Mahnung einen Monat nach der ersten Mahnung bei weiterhin bestehenden Rückständen.
- Umstellung: Beginn des nächsten Monats nach der zweiten Mahnung.
Leistungen des Notlagentarifs
Der Notlagentarif bietet eine reduzierte Palette an Leistungen, die jedoch den gesetzlichen Mindestanforderungen entspricht. Die wesentlichen Leistungen umfassen:
- Für Erwachsene
- Ambulante ärztliche Leistungen umfassen die Behandlung von akuten Krankheiten und Schmerzen.
- Patienten erhalten eine Erstattung für die drei kostengünstigsten wirkstoffgleichen Medikamente.
- Die allgemeinen Krankenhausleistungen beinhalten eine Behandlung im nächstgelegenen öffentlichen Krankenhaus.
- Für Kinder und Jugendliche
- Medizinisch notwendige Behandlungen werden im Falle von Krankheiten oder Unfällen übernommen.
- Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen sind ebenfalls kostenlos.
- Einschränkungen
- Bei der Krankenversicherung sind Wahlleistungen eingeschränkt und man ist hauptsächlich auf Kassenärzte angewiesen.
- Zusatzversicherungen, beispielsweise für Krankentagegeld, sind während der Vertragslaufzeit oft nicht aktiv.
- Zudem gibt es Begrenzungen bei den Erstattungen für bestimmte Behandlungen, wie zum Beispiel Zahnersatz, die entweder gar nicht oder nur teilweise übernommen werden.
Prämien im Notlagentarif
Die Prämien des Notlagentarifs sind auf den GKV-Höchstbeitrag beschränkt und basieren auf der Kalkulation der PKV-Unternehmen. Wichtige Punkte zur Prämiengestaltung:
- Grundsätzlich ist die Prämie des Notlagentarifs auf den maximalen Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung plus des durchschnittlichen Zusatzbeitrags beschränkt. Die monatliche Prämie des Notlagentarifs liegt bei durchschnittlich 120–150 €.
- Im Notlagentarif kann die Prämie durch bereits angesparte Altersrücklagen um bis zu 25 % reduziert werden.
- Personen, die beihilfeberechtigt sind, haben Anspruch auf eine spezielle Version des Notlagentarifs, die mit den beihilferechtlichen Anforderungen übereinstimmt.
Gut zu wissen:
Im Notlagentarif darf der Versicherer keine Forderungen aus Kranken- oder Pflegepflichtversicherungen mit Rückforderungen des Versicherten oder gegenüber Dritten verrechnen.
Zuschüsse und Unterstützung
Arbeitnehmer und Rentner können Zuschüsse zu den Beiträgen ihrer privaten Krankenversicherung (PKV) erhalten.
- Für sozialversicherungspflichtige Beschäftigte gibt es teilweise Arbeitgeberzuschüsse.
- Rentner können maximal die Hälfte ihrer PKV-Prämie als Zuschuss erhalten.
- Es gibt spezielle PKV-Tarife für Beihilfeberechtigte, die den Anforderungen für beihilfekonforme Leistungen entsprechen.
Rückkehr in den ursprünglichen Tarif
Eine Rückkehr in den ursprünglichen PKV-Tarif ist möglich, sobald alle Beitragsrückstände und Säumniszuschläge beglichen sind. Folgende Punkte sollten beachtet werden:
- Die Rückstellung in den ursprünglichen Tarif ist möglich, sobald alle ausstehenden Beträge und Mahnkosten vollständig bezahlt sind.
- Die Umstellung erfolgt ab dem ersten Tag des zweiten Monats nach der Zahlung.
- Dabei kann es zu einer Prämienerhöhung kommen, da Anpassungen aufgrund von Entnahmen aus Altersrückstellungen und fehlenden neuen Rückstellungen vorgenommen werden müssen.
Veränderungen bei Rückumstellung
- Bis zu 25% der Monatsprämie können als Alterungsrückstellungen entnommen werden, was später zu höheren Beiträgen führen kann.
- Wenn neue Rückstellungen nicht gebildet werden, erhöhen sich dadurch langfristig die Beitragskosten.
- Zudem sind Prämienanpassungen möglich, die sich nach den aktuellen Tarifbedingungen und den Gesundheitskosten richten.
Zusatzversicherungen im Notlagentarif
Während der Notlagetarif vor allem die grundlegende Krankenversicherung absichert, können Zusatzversicherungen wie Krankentagegeld oder Kurtagegeld ruhen:
- Beiträge für die Krankentagegeld- und Kurtagegeldversicherung werden ausgesetzt und es erfolgen keine Leistungen während des Notlagentarifs.
- In dieser Zeit sind üblicherweise auch keine Leistungen aus Zusatzversicherungen abgedeckt.
Kündigungsrecht und rechtliche Rahmenbedingungen
In Deutschland sind private Krankenversicherungen gesetzlich verpflichtet, den Versicherungsschutz ihrer Kunden aufrechtzuerhalten, auch im Falle von Zahlungsschwierigkeiten. Der Basisschutz bleibt selbst bei einer Kündigung des Tarifs bestehen, um die soziale Sicherheit zu gewährleisten. Allerdings können Zusatzleistungen bei Nichtzahlung der Beiträge gekündigt werden.
Sollten Beiträge ausstehen, dürfen Versicherer rechtliche Schritte einleiten, um die ausstehenden Beträge einzutreiben. Dies kann die gerichtliche Einforderung der Forderungen sowie als letztes Mittel die Zwangsvollstreckung, einschließlich Pfändungen, beinhalten, um die Beitragsrückstände zu begleichen.
Die ärztliche Betreuung im Notlagentarif
Patienten sollten vor Behandlungsbeginn mit ihrem Arzt über ihre finanzielle Situation sprechen, insbesondere wenn sie den Notfalltarif haben. Dieser Tarif hat bestimmte Gebührenregelungen und es ist wichtig, sicherzustellen, dass die Behandlung darunter fällt, um unerwartete Kosten zu vermeiden. Versicherte im Notlagentarif dürfen von kassenärztlich zugelassenen Ärzten und Zahnärzten behandelt werden, müssen aber vorher möglichst schriftlich mitteilen, dass sie in diesem Tarif versichert sind.
Ärzte sind dann verpflichtet, die speziellen Gebührensätze anzuwenden:
- Es können maximal das 1,8-fache für ärztliche und das 2,0-fache für zahnärztliche Leistungen gemäß den Gebührenordnungen abgerechnet werden.
- Für medizinisch-technische Leistungen gilt das 1,38-fache und für Laborleistungen das 1,16-fache der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ).
Patienten im Notfalltarif müssen Rechnungen nicht sofort zahlen, sondern können diese an ihre Versicherung weiterleiten. Bei Nichtzahlung fordern Ärzte die Kosten direkt von der Versicherung. Nicht selten stoßen Personen im Notfalltarif auf Vorbehalte bei Ärzten und müssen die Kostenübernahme bei jeder Behandlung erneut klären.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche gesetzlichen Rahmenbedingungen gelten für den PKV-Notlagentarif?
Der PKV-Notlagentarif unterliegt den Vorgaben des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) sowie den Bestimmungen des Sozialgesetzbuches (SGB V) und des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG).
Welche Kosten werden Notlagentarif erstattet?
Im Notlagentarif der Krankenversicherung sind nur akute Erkrankungen, Schmerzen und notwendige Behandlungen chronischer Krankheiten abgedeckt.
Kinder, Jugendliche, Schwangere und Frauen in der Mutterschaftszeit bekommen zusätzliche Vorsorge und Impfungen, allerdings sind die Leistungen geringer als im Basistarif oder in der gesetzlichen Krankenversicherung.
Wann kommt man in den Notlagentarif?
Antwort: Versicherte kommen in den Notlagentarif, wenn sie ihre Beiträge für die private Krankenversicherung (PKV) nicht mehr zahlen können und somit in Zahlungsverzug geraten sind. Dies kann beispielsweise aufgrund von Arbeitslosigkeit oder finanziellen Schwierigkeiten geschehen.
Wie kommt man aus dem Notlagentarif raus?
Antwort: Um aus dem Notlagentarif herauszukommen, müssen Versicherte ihre Beitragsrückstände begleichen oder einen Antrag auf Umstellung in einen regulären PKV-Tarif stellen.
Eine weitere Möglichkeit ist der Wechsel in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV), falls die Voraussetzungen dafür erfüllt sind.
Muss ich meine Gesundheitsprüfung erneut durchlaufen, um den PKV-Notlagentarif zu nutzen?
Nein, für den PKV-Notlagentarif ist keine erneute Gesundheitsprüfung erforderlich. Der Versicherte behält seinen bisherigen Gesundheitszustand und eventuelle Vorerkrankungen.
Kann ich im PKV-Notlagentarif Zusatzleistungen hinzubuchen?
Nein, im PKV-Notlagentarif sind keine Zusatzleistungen möglich. Der Tarif bietet ausschließlich den notwendigen Versicherungsschutz in finanziellen Notlagen.
Kann ich im PKV-Notlagentarif meine Familie mitversichern?
Nein, im PKV-Notlagentarif ist eine Mitversicherung von Familienangehörigen nicht möglich. Der Tarif gilt ausschließlich für den Versicherten selbst.
Kann man den PKV-Notlagentarif auch als Neukunde abschließen?
Nein, der PKV-Notlagentarif ist ausschließlich für Versicherte gedacht, die bereits einen regulären PKV-Tarif haben und sich in einer finanziellen Notlage befinden.
Zusammenfassung
Der PKV-Notlagentarif ist für privat Versicherte in Deutschland eingeführt worden, die ihre Beiträge aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten nicht bezahlen können. Dieser Tarif sichert grundlegende Leistungen bei akuten Erkrankungen, Schmerzen sowie Schwangerschaft und Mutterschaft ab. Kinder und Jugendliche erhalten zusätzliche Vorsorge und Impfungen. Der Tarif ist für Personen gedacht, die ihre PKV-Beiträge nicht mehr zahlen können und keine anderen Mittel zur Beitragsminderung haben. Die Prämien des Notlagentarifs sind beschränkt und können durch Altersrücklagen reduziert werden. Rückkehr in den ursprünglichen Tarif ist möglich, wenn alle Rückstände beglichen sind, kann aber zu höheren Beiträgen führen. Zusatzversicherungen sind während der Laufzeit des Notlagentarifs oft nicht aktiv. Der Basisschutz bleibt selbst bei einer Kündigung des Tarifs bestehen, um soziale Sicherheit zu gewährleisten.