Das Risiko, eine Reise absagen zu müssen, besteht grundsätzlich immer: Kurz vor dem Urlaub hat ein Mitreisender einen Unfall und bricht sich ein Bein, ein naher Verwandter verstirbt oder andere Umstände verhindern, dass die Reise wie geplant angetreten werden kann. Damit sich dann wenigstens der finanzielle Schaden, der durch Stornokosten entsteht, in Grenzen hält, bieten Versicherungsunternehmen Reiserücktrittsversicherungen an. Doch sollte man sich wirklich vor jeder Reise absichern? Veranstalter von Pauschalreisen verlangen meistens Stornokosten von 20 bis 55 % des Reisepreises; ihre Höhe hängt davon ab, wie unmittelbar der Reisebeginn bevorsteht. Müssen die Buchungen für Hotels oder Ferienwohnungen storniert werden, können die Stornokosten auch bis zu 100 % betragen. Auch abgesagte Flüge können teuer werden: Umbuchungen oder kostenfreie Stornierungen sind in der Regel nur bei teuren Tarifen möglich.
In vielen Fällen ist eine Reiserücktrittsversicherung zu empfehlen
Je länger eine Reise im Voraus geplant und gebucht wird, umso größer ist das theoretische Risiko, sie absagen zu müssen. Zu viele Dinge können in der Zwischenzeit passieren, die einen Start in den Urlaub verhindern. Um zu entscheiden, ob dieses Risiko abgesichert werden sollte, geben Versicherungsfachleute einige Hinweise:
- Gehören Kinder oder Senioren zu den Mitreisenden?
- Sind Personen mit Vorerkrankungen unter den Mitreisenden? Sie sollten sich vorab von ihrem Hausarzt ihre Reisefähigkeit bescheinigen zu lassen, um späteren Problemen mit den Versicherern von vornherein aus dem Weg zu gehen.
- Sind die Stornokosten so hoch, dass sie das Haushaltsbudget ernsthaft belasten würden?
Wenn mindestens eine dieser Fragen mit „Ja“ beantwortet werden kann, ist eine Reiserücktrittversicherung empfehlenswert.
In diesen Fällen zahlt eine Reiserücktrittversicherung
Damit die Reiserücktrittversicherung einspringt, muss ein wichtiger Grund vorliegen, dessen Eintritt unerwartet war. Wenn sich beispielsweise Partner zwischen dem Zeitpunkt der Buchung und dem Tag des Reisebeginns trennen und deshalb nicht mehr gemeinsam verreisen möchten, ist das kein wichtiger Grund im Sinne der Versicherungsbedingungen.
Die Assekuranzen akzeptieren eine Reihe von Anlässen, die zu einer Stornierung führen, als Leistungsfall. Dazu zählen
- schwere Erkrankungen, deren Eintritt am Buchungstag nicht vorhergesehen werden konnten,
- ein Todesfall eines nahen Angehörigen,
- ein schwerer Unfall,
- eine an einem Reiseteilnehmer verübte schwere Straftat,
- Komplikationen während einer Schwangerschaft,
- eine defekte Prothese,
- eine Impfunverträglichkeit,
- eine gerichtliche Vorladung als Zeuge,
- ein schwerer Vermögensschaden,
- eine unerwartete Kündigung des Arbeitsverhältnisses oder
- ein verpasster Flug, wenn die Anreise zum Flughafen mit öffentlichen Verkehrsmitteln durchgeführt wurde und sich deren Ankunft am Flughafen um mindestens zwei Stunden verspätet hat.
Manche Stornierungsgründe werden nur in wenigen Tarifen akzeptiert. Dazu gehören
- eine Wiederholungsprüfung in der Schule oder Hochschule,
- ein unerwarteter Termin für eine Organspende,
- eine unerwartete Möglichkeit, eine neue Arbeitsstelle anzutreten oder
- das Einreichen der Scheidung.
Nicht versichert sind
- Ereignisse, die bereits beim Abschluss des Vertrags vorhersehbar waren,
- Ereignisse, die von den Versicherten grob fahrlässig oder vorsätzlich herbeigeführt wurden sowie
- Krieg, Bürgerkrieg oder bürgerkriegsähnliche Ereignisse.
Etwas anders ist die Situation bei Pauschalreisen
Sie können dann kostenfrei storniert werden, wenn die Reise durch höhere Gewalt beeinträchtigt oder erheblich gefährdet werden würde und man dies am Buchungstag nicht vorhersehen konnte. Darunter werden Kriege, politische Unruhen oder Naturkatstrophen verstanden. Ein Terroranschlag wird im Allgemeinen zum allgemeinen Lebensrisiko gezählt, sofern es nicht eine offizielle Reisewarnung durch das Auswärtige Amt gegeben hat.
Leider sind viele Versicherungsbedingungen so undeutlich formuliert, dass Versicherte nicht genau wissen können, in welchen Fällen sie von ihrer Assekuranz eine Übernahme der Reiserücktrittskosten erwarten können. Da gehen dann z. B. die Meinungen darüber auseinander, ab wann ein Ereignis als ‚unerwartet‘ gilt. Häufig hat dann ein Gericht das letzte Wort.
Wer jedoch eine Reiserücktrittsversicherung abschließt, sollte nicht daran sparen, diese um eine Reiseabbruchversicherung zu erweitern. Sie kostet nur wenige Euro und springt ein, wenn bei einem vorzeitigen Abbruch der Reise gebuchte Leistungen nicht mehr in Anspruch genommen werden können. Das können gebuchte Rundfahrten sein oder auch ein reservierter Leihwagen. Auch die Zusatzkosten, die durch die vorgezogene Abreise entstehen, werden dann von der Reiseabbruchversicherung übernommen. Auch hier sehen die Versicherungsbedingungen bestimmte Ursachen vor, die zu einem Reiseabbruch geführt haben. Das sind insbesondere
- die schwere Verletzung eines nahen Angehörigen durch einen Unfall,
- der Tod eines nahen Angehörigen,
- eine starke Beschädigung einer Prothese, die diese unbrauchbar macht,
- eine Impfunverträglichkeit oder
- ein Eigentumsschaden, der mindestens 2.500 Euro beträgt (z. B. nach einem Haus- oder Wohnungsbrand).
Das sollten Verbraucher vor dem Abschluss einer Reiserücktrittversicherung wissen
- Soweit möglich, sollte eine Reise so geplant werden, dass bei einer Absage gar keine Stornokosten anfallen. Das ist bei Hotelbuchungen möglich, wenn sie über eines der bekannten Hotel-Reservierungsportale durchgeführt werden: Hier können Hotelreservierungen oft sogar bis zum Anreisetag kostenlos zurückgezogen werden.
- Bei selbst gebuchten Flügen gibt es grundsätzlich die Chance, wenigstens einen Teil der Kosten zurückzubekommen. Die Anbieter müssen immer Steuern und Gebühren erstatten – unabhängig vom Grund der Absage. Oft gelingt es auch, den gesamten Ticketpreis erstattet zu bekommen: Die Fluggesellschaften können die Rückzahlung nur verweigern oder begrenzen, wenn sie nachweisen können, wie hoch der ihnen durch die Stornierung entstandene Schaden tatsächlich ist.
- Hände weg von Versicherungen, die auf den Internetseiten der Fluggesellschaften oder auf Buchungsportalen angeboten werden. Sie werden den Kunden förmlich aufgedrängt und verführen zum Vertragsabschluss mit nur einem ‚Klick‘. Ihr Preis-Leistungs-Verhältnis lässt jedoch in den meisten Fällen zu wünschen übrig. Verbraucherschützer kritisieren außerdem undurchsichtige Konditionen und Laufzeiten, die verlangte Selbstbeteiligung oder den Hinweis, nicht am Schlichtungsverfahren des Versicherungsombudsmannes teilzunehmen. Damit bleibt den Kunden die Möglichkeit verschlossen, sich bei Problemen mit der Assekuranz kostenfrei an den Ombudsmann wenden zu können.
- Wer eine Kreditkarte hat, sollte in die Vertragsbedingungen schauen. Dort werden oft Leistungen bei einem Reiserücktritt zugesagt. Hier spielt aber auch der Leistungsumfang eine Rolle. Wichtig: Manche Kreditkartenanbieter sichern die Reiserücktrittversicherung nur dann zu, wenn die Reise mit der von ihnen ausgegebenen Kreditkarte bezahlt wurde.
So werden die Beiträge für eine Reiserücktrittversicherung ermittelt
Den größten Einfluss auf die Prämienhöhe hat der Gesamtpreis der Reise für alle versicherten Personen. Manche Versicherer lassen auch das Alter der Mitreisenden in ihre Prämiengestaltung einfließen. Im Versicherungsvertrag müssen die Namen aller versicherten Personen aufgeführt sein.
Verbraucher müssen außerdem darauf achten, den Versicherungsvertrag früh genug abzuschließen: Die meisten Policen sehen eine bestimmte Frist zwischen dem Versicherungsabschluss und dem Reisebeginn vor.
Verbraucher, die mehrere Reisen in einem Jahr planen, sollten den Abschluss eines Jahresvertrags in Betracht ziehen. Er ist üblicherweise preisgünstiger als mehrere separat versicherte Reisen und schließt auch ein, dass die einzelnen Versicherten allein eine Reise unternehmen.
Eine Selbstbeteiligung senkt zwar die Versicherungsbeiträge, wird aber von Verbraucherschützern grundsätzlich nicht empfohlen. Da sie sich bei Reiserücktrittsversicherungen prozentual an den Reisekosten bemisst, kann das gerade bei teureren Reisen sehr ins Geld gehen: Die meisten Anbieter sehen eine Selbstbeteiligung in Höhe von 20 % der Stornokosten, jedoch mindestens 25 % pro Versichertem vor.