Zu den „Grundfähigkeiten“ des Menschen gehören die Fähigkeiten des Sehens, Hörens, Sprechens und Laufens. Auf diesen Fähigkeiten basieren viele Berufe und Arbeitsverhältnisse. Kann beispielsweise ein Briefträger nicht mehr Laufen, wird er seinen Beruf nicht mehr ausüben können. Eine Grundfähigkeitsversicherung zahlt eine vorab vereinbarte Rente aus, wenn bestimmte geistige oder körperliche Fähigkeiten in Verlust gehen.
Tipp:
Wer wegen des Alters oder wegen Vorerkrankungen keine bezahlbare Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) mehr bekommt, kann sich durch eine Grundfähigkeitsversicherung in einem geringeren Umfang absichern.
Fähigkeiten, Erkrankungen und konkrete Tätigkeiten
Durch eine Grundfähigkeitsversicherung lassen sich bestimmte geistige oder körperliche Fähigkeiten absichern. Für den Fall eines Ausfalls leistet die Versicherungsgesellschaft eine Rente. Welche Fähigkeiten vom Versicherungsschutz umfasst sind, ist abhängig von Tarif und Gesellschaft.
Viele Versicherungen listen die versicherbaren Fähigkeiten in einem Katalog in den Versicherungsbedingungen auf. In diesem Fähigkeitenkatalog sind elementare Fähigkeiten wie Hören, Sehen oder Sprechen nahezu immer enthalten und können versichert werden. Immer mehr Versicherungsgesellschaften bieten nunmehr auch einen Schutz bei psychischen Erkrankungen oder für konkrete Tätigkeiten wie Radfahren (Kuriere) oder Bildschirmarbeit (Sekretariat) an. Darüber hinaus bekommen viele Versicherte auch eine Rente, wenn eine Pflegebedürftigkeit eintritt. Ab welchem Pflegegrad die Versicherungsgesellschaft die Rente auszahlt, variiert wiederum je nach Gesellschaft und Tarif.
Wann wird die Rente aus der Grundfähigkeitsversicherung gezahlt?
Die Grundfähigkeitsversicherung tritt beim vollständigen Fähigkeitsverlust in die Leistung ein. Wann eine Fähigkeit als vollständig verloren gilt, wird in den Versicherungsbedingungen dokumentiert. Es gibt auch Varianten, bei denen die Gesellschaft erst dann zahlt, wenn mehrere Fähigkeiten verloren gegangen sind.
Die Berufsunfähigkeitsversicherung sichert die Arbeitskraft ab, während die Grundfähigkeitsversicherung sich auf bestimmte Fähigkeiten beschränkt. Die Berufsunfähigkeitsversicherung tritt in die Leistung ein, wenn die Ausübung des Berufes wegen einer gesundheitlichen Einschränkung nicht mehr möglich ist. Bei der Grundfähigkeitsversicherung wird lediglich auf den Verlust von Fähigkeiten abgestellt.
Grundfähigkeitsversicherungen definieren ihre Leistungsfälle in den Versicherungsbedingungen. Die Einschränkung muss also genau dieser Beschreibung entsprechen, damit die Rente ausgezahlt wird. Beispiel: Das Sitzen auf einem Lehnstuhl ist keine 20 Minuten mehr möglich.
Verlust von mehreren Grundfähigkeiten
Einige Versicherungen zahlen auch erst dann die Rente aus, wenn mehrere Fähigkeiten verloren gegangen sind. Bei diesen Tarifen werden die Grundfähigkeiten häufig in zwei Gruppen eingeteilt. Das Sehen, der Einsatz der Hände und das Sprechen fallen regelmäßig in den Fähigkeitskatalog A. Bei Verlust einer dieser Fähigkeiten wird die vereinbarte Rente ausgezahlt. Alternativ wird die Rente ausgezahlt, wenn drei Fähigkeiten aus dem Fähigkeitskatalog B in Verlust gehen. In diesem Katalog befinden sich Fähigkeiten wie Gehen, Hören, Treppensteigen, Knien, Sitzen, Bücken, Arme bewegen, Stehen, Tragen, Heben oder Autofahren. Wer also nicht mehr gehen kann, aber dafür in der Lage ist zu sitzen, bekommt bei diesen Tarifen keine Rente.
Fähigkeitsverlust von mindestens sechs Monaten
Der Großteil der Versicherungsgesellschaften verlangt, dass die betroffene Grundfähigkeit voraussichtlich für einen Prognosezeitraum von mindestens sechs bis zwölf Monate verloren geht bzw. ausfällt.
Vor- und Nachteile der Grundfähigkeitsversicherung
Wenn es um die Absicherung der Arbeitskraft geht, ist eine Grundfähigkeitsversicherung eher nicht die erste Wahl. Hier bietet die Berufsunfähigkeitsversicherung einen besseren Schutz, da sie alle gesundheitlichen Ursachen für den Ausfall der Arbeitsfähigkeit versichert. Wer sich keine Berufsunfähigkeitsversicherung leisten kann oder gar keine bekommt, erhält durch die Grundfähigkeitsversicherung eine alternative Absicherung.
Die Anforderungen für die Versicherungsleistungen sind häufig enorm. Die versicherten Fähigkeiten müssen vollständig in Verlust gegangen sein, um eine Rente zu erhalten. Deshalb wird das Risiko als verhältnismäßig hoch eingeschätzt, dass trotz bestehender Berufsunfähigkeit keine Rente aus der Grundfähigkeitsversicherung gezahlt wird.
Psychische Erkrankungen gehören zu den häufigen Ursachen für das Eintreten einer Berufsunfähigkeit. Über die Grundfähigkeitsversicherung lassen sich jedoch nur sehr schwere psychische Krankheiten wie Schizophrenie oder schwere Depressionen versichern. Beim Verlust von geistigen Fähigkeiten wie Konzentration oder Gedächtnisleistung bietet die Grundfähigkeitsversicherung nur einen Schutz, wenn alltägliche Aufgaben wie Terminvereinbarungen oder Essen kochen nicht mehr bewältigt werden können. Eine Berufsunfähigkeitsversicherung leistet in der Regel früher.
Für Berufstätige bietet eine Berufsunfähigkeitsversicherung einen umfangreicheren Schutz. Die Rente wird ausgezahlt, wenn Versicherungsnehmer ihrem aktuellen Beruf nicht mehr nachgehen können. Geprüft wird die Einstandspflicht durch ärztliche Unterlagen. Bei der Grundfähigkeitsversicherung kann nur mit einer Leistung gerechnet werden, wenn spezielle psychische oder körperliche Fähigkeiten komplett wegfallen – unabhängig vom Beruf.
Grundfähigkeitsversicherung abschließen
Bei Grundfähigkeitsversicherungen sollte der Versicherungsvertrag sorgfältig gelesen werden, was insbesondere die abgesicherten Grundfähigkeiten betrifft. Bei der Rentenhöhe wird empfohlen, einen Betrag auszuwählen, mit dem die Finanzierung des Lebensstandards möglich ist.
Wichtig ist nicht nur, welche Fähigkeiten in welcher Anzahl versichert werden können. Ausschlaggebend ist auch, wie genau der Verlust der einzelnen Fähigkeiten von der Versicherungsgesellschaft definiert wird.
Vor Abschluss eines Vertrages sollte nochmals überprüft werden, ob auch Fähigkeiten, die für den Beruf erforderlich sind, abgedeckt werden. Hier sollten insbesondere bei körperlich anstrengenden Berufen die wichtigen Fähigkeiten berücksichtigt werden, damit die Versicherung auch bei Erkrankungen an Händen, Armen, Beinen und dem Rücken zahlt.