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Erben ohne Testament - die gesetzliche Erbfolge

2019 starben in Deutschland etwa 940.000 Menschen. In etwa der  Hälfte der Erbfälle hatten die Erblasser weder ein Testament noch einen Erbvertrag aufgesetzt, um ihren letzten Willen zu regeln, bei anderen hatte das Testament formale Fehler, sodass es nicht gültig war. In diesen Fällen gilt die sog. gesetzliche Erbfolge. Doch was ist damit genau gemeint?

 

So funktioniert die gesetzliche Erbfolge

Das Erbrecht ist im Fünften Buch des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in den §§ 1922 bis 2385 geregelt, die Paragraphen 1924 bis 1936 beschäftigen sich mit der gesetzlichen Erbfolge. Das BGB strukturiert die möglichen Erben, indem es sie einer Gruppe zuordnet. Je höher die sog. Ordnung beziffert ist, desto geringer ist der Verwandtschaftsgrad der zugehörigen Personen zum Erblasser.

Zu den Erben erster Ordnung gehören zunächst diejenigen, die das BGB als ‚Abkömmlinge‘ bezeichnet. Das sind die leiblichen sowie adoptierten Kinder des Verstorbenen sowie die Enkel. Es spielt bei den Kindern keine Rolle, ob sie ehelich oder unehelich sind. Seit 1977 gilt für als Minderjährige adoptierte Kinder, dass sie mit der Adoption ihr Verwandtschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern und damit auch ihnen gegenüber das Erbrecht verlieren.

Es gibt allerdings uneheliche Kinder, die nach geltendem Recht von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen sind: Wegen einiger Übergangsvorschriften haben Personen, die vor dem 1. Juli 1949 in den alten Bundesländern geboren wurden und deren leiblicher Vater vor dem 29.05.2009 verstorben ist, keinen Anspruch auf ein gesetzliches Erb- oder Pflichtteilsrecht.

In die Gruppe der Erben zweiter Ordnung gehören die Eltern und Geschwister des Erblassers sowie deren Nachkommen, also die Nichten und Neffen.

Die Großeltern und ihre Abkömmlinge (d. h. Großtanten und Großonkel oder deren Kinder) werden als Erben dritter Ordnung bezeichnet.

Das BGB sieht sogar die Erben vierter Ordnung vor. Folgerichtig fallen darunter die Urgroßeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge, als die Urgroßtanten und –onkel.

Die Ehe- oder eingetragenen Lebenspartner haben einen Sonderstatus. Sie erben immer, wenn auch in unterschiedlicher Höhe.

Nicht verheiratete oder geschiedene Partner sind in der gesetzlichen Erbfolge nicht vorgesehen. Verstirbt einer der Ehegatten oder Lebenspartner während der Trennungsphase, ist der überlebende nicht erbberechtigt. § 1933 BGB führt hier aus, dass für den Erbausschluss die Voraussetzungen für eine Scheidung vorhanden sein müssen und der Erblasser bis zum Zeitpunkt seines Todes die Scheidung beantragt oder ihr mindestens zugestimmt haben muss.

 

So wird in den ersten drei Ordnungen vererbt

Es wird gewissermaßen „der Reihe nach“ geerbt. Das bedeutet: Ist ein erbberechtigter Verwandter nicht mehr am Leben, rücken seine Kinder nach. Beispiel: Der Erblasser hatte ein Kind, das zu dessen Todeszeitpunkt nicht mehr gelebt hat. Anstelle dieses verstorbenen Kindes erben dann dessen Kinder den Erbteil ihrer/ihres verstorbenen Mutter/Vaters zu gleichen Teilen.

Wenn es keine Erben erster Ordnung gibt, geht die Erbschaft an die Erben zweiter Ordnung. Sollten sich auch auf dieser Verwandtschaftsebene keine Erben finden, kommen die Erben dritter Ordnung zum Zuge.

Auch wenn ein Erbteil an Erben der zweiten Ordnung geht, gilt ein Nachrangigkeitsprinzip. Sollten z. B. also noch beide Eltern des Erblassers leben, erben nur sie. Ist jedoch bereits ein Elternteil verstorben, erbt der lebende Elternteil die Hälfte der Erbschaft; die andere Hälfte erhalten – getreu des Nachrücker-Prinzips – die Kinder des verstorbenen Elternteils, also die Geschwister des Erblassers.

Wenn es Erben erster Ordnung gibt, sind Verwandte der nächsten Ordnungen automatisch ausgeschlossen. Dieses Prinzip setzt sich in jeder einzelnen Ordnung fort.

Sollte der Verstorbene weder einen Ehe- oder Lebenspartner noch Verwandte in den ersten drei Ordnungen haben, erbt die Person allein, die ihm verwandtschaftlich am nächsten steht.

 

So viel erben Ehe- oder Lebenspartner

Das BGB setzt Ehe- und Lebenspartner an die erste Stelle der Erbberechtigten. Wie groß ihr Erbanteil ist, hängt davon ab, welche Verwandten noch leben und ob ein notarieller Ehevertrag geschlossen wurde. Sofern es keinen Vertrag gibt, besteht zwischen den Ehe- oder Lebenspartnern eine Zugewinngemeinschaft.

  • Liegt eine Zugewinngemeinschaft vor, erbt der überlebende Partner  der Erbmasse und außerdem  des pauschalen Zugewinnausgleichs, also insgesamt die Hälfte des Erbes. Das trifft auf die Mehrzahl der Ehen und eingetragenen Lebenspartnerschaften in Deutschland zu. Die andere Hälfte wird zu gleichen Teilen unter den Kindern vererbt.
  • Sofern eine Gütergemeinschaft vereinbart wurde, entfällt der pauschale Zugewinnausgleich. Da das Vermögen der Ehe- oder Lebenspartner deren gemeinschaftlicher Besitz ist, gehörte dem überlebenden Partner schon vor dem Tod des Erblassers die Hälfte. Die Erbmasse besteht also aus der anderen Hälfte des gemeinsamen Vermögens. Davon erbt der Ehe- oder Lebenspartner wenn es Erben erster Ordnung gibt. Diese teilen die  des Erbteils gleichmäßig unter sich auf. Sofern es Erben zweiter Ordnung gibt, hat der Ehe- oder Lebenspartner einen Anspruch auf die Hälfte der Erbmasse.
  • Wenn die Partner Gütertrennung vereinbart hatten, gehört lediglich derjenige Teil zur Erbmasse, der dem Erblasser gehörte. In diesem Fall wird kein Zugewinnausgleich durchgeführt. Sofern der/die Verstorbene Kinder hatte, wird die Erbmasse zu gleichen Teilen an sie und den Ehe- oder Lebenspartner vererbt.

 

Gehört der gesamte Besitz zur Erbmasse?

Wenn es einen überlebenden Ehe- oder Lebenspartner gibt, erbt er den gesamten gemeinsamen Hausrat. Anders ist die Situation, wenn auch wertvolle Kunstgegenstände oder Antiquitäten dazuzählen: Im Allgemeinen gehören Luxusgegenstände zum Nachlass, sodass bei weiteren Erbberechtigten auch sie einen (teilweisen) Anspruch auf diese Gegenstände haben.

 

Was passiert, wenn keine erbberechtigten Verwandten zu finden sind?

Wenn Nachforschungen ergeben, dass es keine Erben gibt oder alle infrage kommenden Erben die Erbschaft ausschlagen, erbt gem. § 1936 BGB der Staat. § 1942 Abs. 2 BGB legt fest, dass dieser die Erbschaft nicht ausschlagen darf. Konkret fällt die Erbschaft an das Bundesland, in dem der Verstorbene zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder letzten Wohnsitz hatte. Der Fiskus übernimmt zunächst nicht nur das Vermögen, sondern auch alle Schulden des Erblassers und muss dann versuchen, die Verbindlichkeiten mithilfe des Vermögens auszulösen. Darüber hinaus hat er gegenüber den Gläubigern des Erblassers keine Verpflichtungen. Das ist ein wesentlicher Unterschied zu allen anderen Erben, die nicht nur das Vermögen, sondern auch immer die Schulden eines Verstorbenen erben.

Mit der Regelung der Fiskalerbschaft sollen „herrenlose“ Erbschaften verhindert werden, um die sich sonst niemand kümmern würde. Deshalb ist der Staat der einzige mögliche Erbe, der nicht testamentarisch von einer Erbschaft ausgeschlossen werden kann.

 

Einer der häufigsten Irrtümer beim gesetzlichen Erbrecht

Viele kinderlose Ehe- oder Lebenspartner gehen davon aus, dass beim Tod des einen Partners der andere dessen ganzes Vermögen erbt. Das ist jedoch ein Irrtum: Dieser Fall tritt nur dann ein, wenn es weder Verwandte der ersten noch der zweiten Ordnung gibt und auch die Großeltern des Erblassers verstorben sind.

 

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