Fachbegriffe-Versicherungen

FAQ

Suche nach Begriffen
BegriffDefinition
Offenkundigkeitsprinzip

Das Offenkundigkeitsprinzip ist ein grundlegendes Prinzip im Versicherungsrecht, welches besagt, dass der Versicherungsnehmer bei Vertragsabschluss alle ihm bekannten Tatsachen offenlegen muss, die für die Risikobeurteilung und die Festsetzung des Versicherungsbeitrags relevant sind. Dieses Prinzip gilt für alle Versicherungsarten, unabhängig davon, ob es sich um eine private oder gewerbliche Versicherung handelt.

Welche Tatsachen müssen offengelegt werden?
Gemäß dem Offenkundigkeitsprinzip müssen alle Tatsachen offengelegt werden, die für die Risikobeurteilung und die Festsetzung des Versicherungsbeitrags von Bedeutung sind. Dazu gehören unter anderem persönliche Daten wie Alter, Gesundheitszustand, Beruf und Familienstand, aber auch Angaben zum versicherten Objekt, wie z.B. Baujahr, Zustand und Wert. Auch bestehende Versicherungen und Schäden müssen angegeben werden.

Warum ist das Offenkundigkeitsprinzip wichtig?
Das Offenkundigkeitsprinzip ist wichtig, um eine faire und ausgewogene Risikobeurteilung zu gewährleisten. Nur wenn alle relevanten Tatsachen bekannt sind, kann der Versicherer eine angemessene Prämie festsetzen und im Schadensfall eine gerechte Leistung erbringen. Zudem dient es dem Schutz der Versichertengemeinschaft, da durch die Offenlegung von Risiken eine Verteilung auf alle Versicherungsnehmer möglich ist.

Welche Gesetze sind relevant?
Das Offenkundigkeitsprinzip ist in verschiedenen Gesetzen verankert, die je nach Versicherungsart unterschiedlich sein können.

  1. Im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) ist es in § 19 geregelt und im Handelsgesetzbuch (HGB) in § 6.
  2. Auch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) enthält Regelungen dazu, insbesondere in den §§ 123 und 124.
  3. Zudem gibt es spezielle Gesetze für bestimmte Versicherungsarten, wie z.B. das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) für die Aufsicht über Versicherungsunternehmen.

Welche BGH-Urteile sind relevant?
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in verschiedenen Urteilen das Offenkundigkeitsprinzip näher konkretisiert und dessen Bedeutung für Versicherungsverträge verdeutlicht.

  1. So hat der BGH beispielsweise entschieden, dass der Versicherer bei einer Verletzung der Offenbarungspflicht vom Vertrag zurücktreten kann (Urteil vom 06.07.2011, Az. IV ZR 305/09).
  2. Auch hat der BGH klargestellt, dass der Versicherungsnehmer nicht nur bei Vertragsabschluss, sondern auch während der Vertragslaufzeit verpflichtet ist, Änderungen seiner Risikosituation anzuzeigen (Urteil vom 11.12.2013, Az. IV ZR 9/13).

Zusammenfassung
Das Offenkundigkeitsprinzip im Versicherungsrecht verpflichtet den Versicherungsnehmer zur Offenlegung aller relevanten Tatsachen bei Vertragsabschluss. Dies betrifft persönliche Informationen sowie Details zum versicherten Objekt und ist für eine faire Risikoeinschätzung und Beitragsgestaltung essenziell. Es ist im Versicherungsvertragsgesetz und anderen Gesetzen verankert. BGH-Urteile haben bestätigt, dass bei Nichtbeachtung der Offenlegungspflicht ein Rücktrittsrecht des Versicherers besteht und auch während der Laufzeit des Vertrags Risikoänderungen mitgeteilt werden müssen.