Der Overrider bezeichnet in der Versicherungsbranche sowohl eine Befugnis von Versicherungsvertretern, eigenständig Vertragsänderungen vorzunehmen, als auch eine Bearbeitungsgebühr bei der Übertragung von Geschäften.
Der Begriff Overrider stammt aus dem Bereich der Versicherungen und bezieht sich auf die Tätigkeit eines Versicherungsvertreters oder -maklers. Er beschreibt die Befugnis des Vertreters, vom Willen des Versicherungsnehmers abzuweichen und eigenständig Vertragsänderungen vorzunehmen. Der Overrider ist somit eine Art "Überschreitungsbefugnis", die dem Vertreter ermöglicht, im Interesse des Versicherungsunternehmens zu handeln.
Welche Rolle spielt der Overrider in der Versicherungsbranche?
Der Overrider ist ein wichtiges Instrument für Versicherungsunternehmen, um ihre Vertriebspartner zu motivieren und zu belohnen. Durch die Möglichkeit, Vertragsänderungen eigenständig vorzunehmen, erhält der Vertreter einen Anreiz, mehr Verträge abzuschließen und somit höhere Provisionen zu erhalten. Dies kann auch dazu führen, dass der Vertreter im Sinne des Unternehmens handelt und beispielsweise Verträge mit höheren Prämien abschließt, um eine höhere Provision zu erhalten.
Welche Gesetze und BGH-Urteile beziehen sich auf den Overrider?
Die rechtliche Grundlage für den Overrider findet sich in § 164 Abs. 1 BGB, der die Stellvertretung regelt. Demnach kann ein Vertreter im Rahmen seiner Vertretungsmacht auch von den Weisungen des Vertretenen abweichen. Allerdings muss der Vertreter dabei stets im Interesse des Vertretenen handeln und darf nicht gegen dessen ausdrücklichen Willen handeln.
In der Versicherungsbranche gibt es jedoch auch spezielle Regelungen, die den Overrider betreffen.
- So hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil aus dem Jahr 1994 (Az. IV ZR 61/93) festgestellt, dass ein Versicherungsvertreter nicht berechtigt ist, eigenmächtig Vertragsänderungen vorzunehmen, die zu einer Erhöhung der Versicherungsprämie führen. Dies gilt auch dann, wenn der Vertreter eine entsprechende Vollmacht vom Versicherungsunternehmen erhalten hat. Der Versicherungsnehmer muss in solchen Fällen ausdrücklich zustimmen.
- Ein weiteres Urteil des BGH aus dem Jahr 2006 (Az. IV ZR 162/05) befasst sich mit der Frage, ob der Overrider auch bei Vertragskündigungen angewendet werden kann. Der BGH entschied, dass der Vertreter auch in diesem Fall nicht eigenmächtig handeln darf, sondern eine ausdrückliche Zustimmung des Versicherungsnehmers erforderlich ist.
Welche Auswirkungen hat der Overrider auf den Versicherungsnehmer?
Für den Versicherungsnehmer kann der Overrider sowohl Vorteile als auch Nachteile haben.
- Einerseits kann es von Vorteil sein, wenn der Vertreter eigenständig Vertragsänderungen vornehmen kann, ohne dass der Versicherungsnehmer jedes Mal zustimmen muss. Dies kann beispielsweise bei kleinen Änderungen wie einer Adressänderung oder einer Änderung der Zahlungsweise von Vorteil sein.
- Andererseits kann der Overrider auch Nachteile für den Versicherungsnehmer mit sich bringen. Wenn der Vertreter eigenmächtig Vertragsänderungen vornimmt, die zu einer höheren Prämie führen, kann dies für den Versicherungsnehmer unerwartete Kosten verursachen. Zudem kann es zu Unstimmigkeiten kommen, wenn der Vertreter im Interesse des Versicherungsunternehmens handelt und nicht im Interesse des Versicherungsnehmers.
Der Overrider ermöglicht Versicherungsvertretern eigenständige Vertragsänderungen, was Vorteile für den Vertrieb birgt, aber rechtlich begrenzt ist und für den Versicherungsnehmer sowohl Vor- als auch Nachteile haben kann.
2. Overrider als Bearbeitungsgebühr
Der Begriff "Overrider" bezeichnet auch eine Bearbeitungsgebühr im Versicherungswesen. Diese wird fällig, wenn ein Versicherungsgeschäft zwischen zwei Parteien übertragen wird. Die Gebühr dient der Deckung der Kosten für die Bearbeitung des Geschäfts und kann entweder ein fester Betrag oder ein prozentualer Anteil der weitergegebenen Prämie sein. Normalerweise muss die Partei, für die das Geschäft abgeschlossen wird, die Gebühr bezahlen. Dies kann der Versicherungsnehmer oder ein anderer Marktteilnehmer sein.
Der Overrider, in der Regel eine Captive oder ein Rückversicherer, ist für das Erheben der Gebühr verantwortlich. Er bestimmt die Höhe und die Bedingungen der Zahlung. Die Bearbeitungsgebühr wird ausgehandelt, wenn ein Geschäft von einem Akteur zum anderen wechselt, beispielsweise von einem Versicherer zu einer Captive oder einem Rückversicherer.
Die Gebühr hat direkten Einfluss auf die Höhe der übertragenen Prämie und kann somit die Kosten für den Versicherungsnehmer oder den zahlenden Marktteilnehmer erhöhen. Für den Overrider bietet die Gebühr finanzielle Vorteile, da sie zu seinen Einnahmen beiträgt und bei höheren Prämien entsprechend zu höheren Gewinnen führen kann. Sie trägt zudem dazu bei, dass die Kosten für die Transaktion gedeckt werden und fördert dadurch die Rentabilität des Overriders.
Der Overrider ist eine im Versicherungswesen übliche Bearbeitungsgebühr, die bei der Übertragung von Versicherungsgeschäften zwischen Parteien anfällt und von der vermittelnden Partei bestimmt wird.
Zusammenfassung
Der Overrider im Versicherungswesen bezeichnet sowohl eine überschreitende Befugnis von Versicherungsvertretern als auch eine Bearbeitungsgebühr.
- Vertreter dürfen eigenständig Vertragsänderungen vornehmen, was einen Anreiz für den Abschluss von mehr Verträgen schafft. Die rechtliche Grundlage hierfür findet sich im § 164 Abs. 1 BGB. Jedoch hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass ohne ausdrückliche Zustimmung des Versicherungsnehmers keine prämienerhöhenden Vertragsänderungen oder Kündigungen erlaubt sind. Für den Versicherungsnehmer kann der Overrider sowohl Vorteile bei kleinen Änderungen als auch Nachteile durch unerwartete Kosten bieten.
- Als Bearbeitungsgebühr fällt der Overrider bei der Übertragung von Versicherungsgeschäften an und wird von der vermittelnden Partei bestimmt, wobei sie die Transaktionskosten deckt und die Rentabilität fördert.